Liebe Freund*innen des Theaters, des Filmes, des Funkes und des Farbfernsehens
Die Winterdepression ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Konnten wir uns früher noch drauf verlassen, dass uns der für Zürich typische grau-feuchte Hochnebeldeckel monatelang das Gemüt zermürbte, quält uns heute eher unsere sture Fixiertheit auf eine Jahreszeit, die sich immer mehr ins Reich der allmählich verblassenden Erinnerungen verabschiedet. Will heissen: der Stadtzürcher Pflotsch ist mittlerweile in die Berge disloziert, wo wir ihm, die wir ihm entfliehen wollen, neuerdings unverhofft wieder begegnen – diesmal einfach nicht zwischen den Häuserschlüchtchen der Limmatstadt, sondern auf künstlich angelegten Schneekanonenbahnen, auf denen wir, inmitten trostlos runtergrockter brauner Alpenhalden, die Hänge runtersulzen und uns vorstellen wollen, es wäre alles weiss und wunderbar – derweil die Daheimgebliebenen ihr Apéröl mittlerweile ganz ohne Heizpilz draussen schlürfen können.
Eben. Tatsache ist: Es gibt keinen Winter mehr und deshalb fehlt auch der Anlass für eine Winterdepression – was in sich selbst aber auch schon wieder voll deprimierend ist. Wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung, die sich nicht mehr erfüllt – und sich gerade deshalb doch wieder erfüllt, nur eben anders. Die nur noch ein nostalgisch verbrämtes Hinterherjammern einer abhanden gekommenen Situation ist; der verblichene Abklatsch eines abgedroschenen Allgemeinplatzes, über den mensch sich früher billig beklagen konnte, als Blitzableiter für alles, was im Leben sonst nicht klappt.
Natürlich gibt es auch Menschen, die aus derlei Misere Kapital zu schlagen versuchen. Wie zum Beispiel der neue Vollpfosten an der Spitze der Partei des untergehenden Sünnelis, der sich nicht zu blöd dafür ist, hinzustehen und zu sagen: „Ey Leute, ist doch geil, Klimawandel, dann ist immer Sommer.“ Der hat wirklich gar nichts begriffen. Weder die Konsequenzen, die der Klimawandel etwa für sein Fussvolch haben wird, noch die zugegebenermassen recht komplexe Notwendigkeit einer Winterdepression.
Wie auch immer: Mittlerweile ist es eh März und der letzte gar nie vorhandene Schnee ist längst nicht geschmolzen. Die Störenfriede von Les Mémoires d’Helène hatten vorübergehend das Fabriktheater okkupiert und heizten derart ein, dass die hauseigene Entenpopulation irritiert frühzeitig zu brüten begann.
«Body of Fear» war wie proaktives Frühlingserwachen. Ein Monstertruck an Lebensbejahung, der die ganze zivilisatorische Angst-Kloake, die im Laufe eines Lebens angeschwemmt wird, wegschaufelte und zu deliriösem Kompost für ein besseres Dasein verarbeitete.
Was gibt es sonst noch anzukündigen? Monate voller schief gewickelter Produktionen, die uns die Durststrecke bis zum Sommer versüssen: «New Values1: Ein Wort in deinem Ohr» von Phil Hayes & Dominic Oppliger, «Camping – Endlich Ferien!» von Teatro Lata, «Raumpatrouille Wintsch. Mit freundlichen Würsten aus Zürich Wollishofen! Ihre Bräute im Äther» von Denise Wintsch, «Die Hundsköpfige» von Marie Popall, «New Values 2» von Phil Hayes & Jessica Huber und die «Detektivvampyre vom Saturn!» von Christoph Rath. Und dazwischen bricht sich «WinWin – die Theaterolympiade» ihre Bahn, das alljährliche Schaulaufen der Theaterkurse vom Theaterstudio Golda Eppstein.
Stay tuned!
Silvie von Kaenel, Katharina Germo, Michel Schröder, Lukas Piccolin & Dasha Byrne
RIP René Pollesch, ohne dich wird das Leben ein ganzes Stück grauer werden!
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PS: Menschen mit einem N - (abgewiesen oder noch im Asylverfahren), F - (vorläufig aufgenommen) oder S (Schutzbedürftige) - Ausweis haben freien Eintritt zu allen Veranstaltungen. Reserviere deine Karten vorab per E-Mail oder komme direkt an der Abendkasse vorbei. Ganz herzlich willkommen im Fabriktheater!
PS: People with the permit N (abgewiesen oder noch im Asylverfahren), F (vorläufig aufgenommen) or S (Schutzbedürftige) have free entry to all events. You can book your tickets in advance by e-mail or get your ticket directly at box office before the show. A very warm welcome to the Fabriktheater!